Mondphasenholz
Holz lebt, es arbeitet und verändert sich nicht nur je nach Holzart und Jahreszeit, sondern auch noch lange nachdem es geschlagen wurde. Das Wissen um diese Veränderungen des Holzes - ob es schnell oder langsam trocknet, weich oder schwer bleibt, hart oder leicht wird - wurde über Jahrhunderte hinweg genutzt, um Material mit den jeweils besten Eigenschaften für die unterschiedlichen Verwendungen zu erhalten. Davon zeugen in unserem Kulturkreis neben uralten Almhütten, Landungsstegen, Brücken und Pfahlbauten auch Bautischlerarbeiten wie Türen, Tore und Fenster die teilweise trotz bewitterter, exponierter Lage Jahrhunderte überdauert haben. So hätte zum Beispiel ein Außenbauteil wie die Rokokotoranlage in Eschwege, dessen restauratorische Aufarbeitung in unserer aktuellen Dokumentationsarbeit beschrieben wird, in der vorgefundenen Situation unter direkter Bewitterung in süd/östlicher Einbaulage keinesfalls ca. 250 Jahre überdauert, wenn damals Holzmaterial verwendet worden wäre, das unter heutigen „Anforderungen“ eingeschnitten worden wäre.
So wurde früher Holz nicht, wie heute üblich, das ganze Jahr über geschlagen, sondern nur an bestimmten Tagen. Der Fällungszeitpunkt richtete sich nach dem Mondkalender. Darum bezeichnet man Holz, das zum "richtigen" Zeitpunkt geschlagen wurde, als Mondphasenholz.
Interessant ist dabei: Die überlieferten Regeln über den richtigen Zeitpunkt des Holzschlagens und die Einflussfaktoren des Mondes auf Holzeigenschaften stimmen in unterschiedlichen Regionen überein. Im Nahen Osten, in Ceylon, Brasilien oder den Alpen wurden ähnliche Beobachtungen gemacht.
Im Zuge der Industrialisierung der Holzwirtschaft wurde die Bedeutung des Fällungszeitpunktes allmählich verdrängt. Heute sorgt meist die Chemie für die gewünschten Holzeigenschaften - mit mehr oder weniger Erfolg, mit Sicherheit aber zu Lasten der Umwelt. Ein Grund mehr, weshalb Bauökologie und -biologie zunehmend auf Mondphasenholz zurückgreifen.
Der richtige Fällzeitpunkt sichert das beste Holz.
Besondere Wirkung hat der Mond auf das Wasser. Dies zeigen die Schwankungen der Küstengezeiten genauso wie - in weit geringerem Ausmaß - der wechselnde Wasserstand an Bohrlöchern. Jeder Ort der Erde unterliegt errechenbaren Gezeiten, die durch die Wechselwirkung von Mond, Erde und Sonne bestimmt werden.
Züricher Wissenschaftler untersuchten den Zusammenhang zwischen Mondphase und Stammdurchmesser. Sie fanden heraus, dass sich bei abnehmendem Mond die Säfte zu den Wurzeln hin verschieben. Der Stammdurchmesser zieht sich durch die Umlagerung der Wassermoleküle zusammen. Bei zunehmendem Mond hingegen steigen die Säfte, der Stammdurchmesser nimmt zu. Bau und Möbelholz sollte also bei abnehmendem Mond geschlagen werden. Im Winter befinden sich die Bäume in einer "Saft-Ruhephase".
Nur das für das Überleben notwendige Mindestmaß an Flüssigkeit zirkuliert in Stamm und Ästen.
Für dieses aufgrund der natürlichen Bedingungen bereits trockenere Holz wird nach dem Einschneiden zu Brettern und Bohlen ein weitaus weniger beanspruchender Trocknungsvorgang notwendig. Weniger Risse, Verwerfungen und Verfugungen sind die Folge. Der nachweislich reduzierte Stammdurchmesser in der Neumondphase sichert eine höhere Rohdichte und dadurch volumen- und witterungsbeständigeres Material.